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100 Jahre (1905-1918)

Als erste nationale Rotkreuzgesellschaft gründete sich im November 1863 der Württembergische Sanitätsverein und markierte damit den Ursprung des Deutschen Roten Kreuzes. 50 Jahre später, genau heute vor 100 Jahren, wurde in Urach die Sanitätskolonne no. 38 gegründet. Deshalb gibt es in diesem besonderen Rotkreuz-Jahr zwei runde Geburtstage der wohl bekanntesten Hilfsorganisation der Welt zu feiern.

Wir wollen Sie im Verlauf des Jahres hier auf unserer Website und im “Uracher” an den Geschnissen aus vergangenen Tagen teilhaben lassen und starten am Gründungstag mit einer mehrteiligen Episode über die Entwicklung des Roten Kreuzes in Deutschland und Bad Urach. Im Vereinsteil des Gemeindeblattes werden wir Sie auch immer wieder um Mithilfe bitten, da wir teilweise unvollständige Aufzeichnungen haben und auf das Wissen von Zeitzeugen angewiesen sind.

Die Idee des Roten Kreuzes

Der Schweizer Kaufmann Henry Dunant erlebte auf dem Schlachtfeld von Solferino am Abend des 24. Juni 1859, nach der Schlacht zwischen den Truppen Sardinien-Piemonts und Frankreichs unter der Führung Napoleons III, grausamste Zustände unter den Verwundeten und Sterbenden. An diesem einzigen Tag wurden 6.000 Soldaten getötet und ca. 25.000 verwundet. Die völlig unzureichende medizinische Versorgung und Betreuung der Verletzten, ließ ihn den Grund seiner Reise vergessen und er organisierte mit freiwilligen aus der örtlichen Bevölkerung die notdürftige Versorgung der Verwundeten. Die Geschehnisse die sich tief in sein humanistisch, christlich geprägtes Gedächtnis brannten, schrieb er in einem Buch nieder, welches er 1862 unter dem Titel „Erinnerungen an Solferino“ veröffentlichte und auf eigene Kosten an führende Persönlichkeiten und Militärs in ganz Europa verschickte. Fortan kämpfte er für einen menschlicheren Krieg und neutrale Hilfsgesellschaften, die zukünftig die Not der Soldaten im Falle einer Schlacht lindern sollten.

Auf einer Konferenz in Genf trafen sich im Jahr 1863 Delegierte aus 16 Nationen, um Dunants Ideen zu diskutieren und weiter zu entwickeln. Dabei stand auch das Erkennungszeichen der Helfenden und der gesamten Organisation zur Debatte. Die Abgeordneten einigten sich darauf, dass Ärzte und Sanitäter eine weiße Armbinde als Erkennungs- und Schutzzeichen tragen sollten. Aus Achtung vor der Schweizer Nationalfahne sollte dieses im Unterschied dazu ein rotes Kreuz enthalten. Das berühmteste Erkennungszeichen für diese neutrale Hilfsorganisation war geboren!

Der deutsche Dichter und Publizist Hans Magnus Enzensberger schreibt über die Geburtsstunde des berühmten Logos: „Das Rote Kreuz ist eines der ältesten Abzeichen der Welt, vermutlich bekannter als Coca Cola, und man wird keinem Durstigen mit der Behauptung zu nahe treten, dass seine Wirkung segensreicher war als die aller Erfrischungsgetränke. Kein Marketingexperte hat das Emblem erfunden. Niemand hätte sich vor eineinhalb Jahrhunderten träumen lassen, dass aus dem Treffen einiger Genfer Honoratioren eine Institution hervorgehen wird, wie sie die Geschichte der Menschheit nie zuvor gekannt hat.“

Die Anfänge des Roten Kreuzes in Urach

Die Anfänge der Uracher Sanitätskolonne entstanden bereits 1905 als Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr Urach. Dort taten sich 14 Feuerwehrkameraden zusammen und bildeten eine Sanitätsabteilung. Abteilungsleiter war der Friseurmeister Georg Streicher, der auch später im Roten Kreuz zum Kolonnenführer ernannt wurde und dieses Amt 30 Jahre lang bis 1935 inne hatte.

Schon von Anfang an waren die Feuerwehr-Kameraden überaus aktiv in ihrem “Rotkreuz-Dasein” verwurzelt. Bereits beim Schäferlauf 1905 hatten sie ihren ersten Einsatz. Im Jahr 1907 half die Sanitätsabteilung bei der Einweihung des neuen Bezirkskrankenhauses. 1909 wurden beim 50-jährigen Jubiläum der Uracher Feuerwehr Zuschauer beim Einsturz eines Schopfes verletzt und mussten durch die Sanitäter versorgt werden. Der Transport von Kranken, oder Verletzten gewann in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung. Oft wurden diese Transporte auf Veranlassung der hiesigen Ärzte Dr. Grünenwald, Dr. Klüpfel, Dr. Banzhaf und Medizinalrat Dr. Pfäfflin durchgeführt. Meist gingen diese Transporte ins Spital, später ins Bezirkskrankenhaus. Auch weitere Transporte nach Tübingen mussten gelegentlich durchgeführt werden.

Schon am 12. Februar 1910 wurde vom württembergischen Sanitätsverein auf die Bildung einer selbstständigen Sanitätskolonne gedrängt. Diese Kolonne sollte “für den Mobilmachungsfall ausgerüstet und ausgebildet” sein. Schon damals ahnte man den kommenden 1. Weltkrieg.

Die Sanitätskolonne Urach (vermutlich 1913/14)

Am 22.02.1913 wurde dann die Sanitätskolonne in Urach gegründet. Die Gründungsversammlung fand im Nebenzimmer der Brauerei Waldhorn statt. Der Bezirksvertreter und Landgerichtrat Herr Baron von Seckendorff eröffnete die Versammlung und

begrüßte u.a. den Oberamtmann Dr. Etzel, Stadtschultheiß Eberle, den Sekretär Lörer aus Stuttgart, sowie den Verwaltungsrat der Freiwilligen Feuerwehr Urach. Im Verlauf des Abends verpflichteten sich die Anwesenden der Sanitätsabteilung der Feuerwehr schriftlich zum Übertritt zum Deutschen Roten Kreuz. Die 38. Sanitätskolonne des DRK war gegründet. Als Kolonnenführer wurde der Friseurmeister Georg Streicher gewählt, Kolonnenarzt wurde Dr. Grünenwald. Schon bei der nächsten Versammlung am 10. April 1913 hatten sich 42 Mann zum freiwilligen Dienst gemeldet.

Die ersten Sorgen bereiteten die Finanzierung und die richtige Unterbringung der Kolonne. Es wurde ein Spendenaufruf und eine Spendensammlung vor allem bei den Uracher Betrieben durchgeführt. Die ersten Gelder wurden vor allem für die Uniformen und Ausrüstungen eingesetzt. In der Folgezeit musste unter Hochdruck auf die Besichtigung und Prüfung der Kolonne durch den Landesverband hingearbeitet werden.

Diese fand am 17. Mai 1914 statt. Zu diesem großen Tag war die Stadt mit Fahnen geschmückt und die Stadtmusik spielte auf. Herr Prof. Dr. Hofmeister prüfte den ärztlichen Teil der Übungen und sprach Dr. Grünenwald und der Kolonne großes Lob aus. Herr Generalleutnant von Bossert beurteilte das Exerzieren der Kolonne ebenfalls sehr wohlwollend und empfahl für die Zukunft vor allem Disziplin und Kameradschaft. Nach Bestehen der Prüfung und der Aufnahme in den württembergischen Sanitätsverein versammelte man sich zum gemütlichen Ausklang mit den Nachbar-Kolonnen im Waldhorn-Keller.

In den folgenden Jahren wurden weiterhin bei Unfällen Erste Hilfe geleistet und bei Festlichkeiten Wach- und Patrouillendienste versehen. Mit der Fortdauer des 1. Weltkrieges warfen die Kriegsereignisse zunehmend längere Schatten nach Urach. Von den 43 Aktiven stellten sich 11 Mann mit unvergleichlicher Begeisterung der freiwilligen Krankenpflege zur Verfügung. 4 Mann waren bis in den vordersten Kriegsstellungen tätig, um dort die verwundeten Soldaten zu versorgen. Die anderen 7 Helfer an der Front waren in verschiedenen Lazaretten tätig. 28 Mann wurden Nach und Nach zum Heeresdienst eingezogen, so dass teilweise nur noch 4 Sanitäter in Urach zurück blieben. Im Krieg fielen 3 Kameraden und 3 wurden gefangen genommen.

Die in Urach verbliebenen Mitglieder der Sanitätskolonne mussten zahlreiche Transporte verwundeter Soldaten durchführen. Während des Krieges wurden so 1.565 verwundete oder verletzte Soldaten von den Mitgliedern der Kolonne versorgt. Zusätzlich wurden viele Dienste im Krankenhaus wie zum Beispiel Nachtwachen durchgeführt.

 

Quellenangaben:
- Deutsches Rotes Kreuz, www.150jahre.drk.de
- Aufzeichnungen des DRK Ortsverein Bad Urach

© 2013 DRK-Ortsverein Bad Urach, Thomas Leopoldt, Sebastian Hauenstein,  Matthias Maier

22. Februar 2013 13:04 Uhr. Alter: 11 Jahre